Was verbirgt sich hinter dem Kürzel DigComp?
Digitalisierung – ein gebetsmühlenartig wiederholtes Lieblingswort vieler Politiker:innen, weil es bedeutungsschwanger und inhaltsarm zugleich ist, zudem alles besser machen soll, egal was. Doch was muss so ein:e digitalkompetente:r Bürger:in eigentlich können? Auf diese Frage hat ein Expert:innenteam der EU eine Antwort gefunden und sie mit der Abkürzung DigComp 2.1 betitelt.
In welche Kompetenzbereiche die Expert:innen die theoretisch unzähligen digitalen Kompetenzen unterteilt haben, das wollen wir für dich im Folgenden kurz und knackig darlegen. DigComp ist der einzige Digitalkompetenzrahmen auf EU-Ebene, der den Fokus nicht auf digitale Fähigkeiten in einem bestimmten Beruf legt, sondern auf die Person selbst. Und weil wir diesen Kompetenzrahmen so triftig auf die digitale Jugendarbeit anpassen konnten, fanden wir ihn so gut, dass wir ihn als Orientierung für unser Online-Selbsteinschätzungstool und unsere Weiterbildungsmodule genommen haben. Einen kurzen Überblick, worum es dabei geht, bekommst du hier.
Das Digital Competence Framework for Citizens – DigComp – beschreibt grundlegende Fähigkeiten für den digitalen Raum. Er ist nicht nur für die Digitalstrateg:innen der Kultusministerien gedacht, die beispielsweise nationale Bildungsplanung vorantreiben wollen, sondern kann auch für jede:n individuell eine gute Orientierungshilfe bieten.
DigComp definiert fünf Kompetenzbereiche, die wir für unser Projekt ins Deutsche übersetzt haben:
- Daten und Informationen:
Wie komme ich an Daten und Informationen? Welche Quellen sind vertrauenswürdig? Wie überprüfe ich Fakten? Und wie organisiere ich Dateien auf meinem Endgerät? Wenn Du auf all diese Fragen Antworten geben kannst, dann hast du wahrscheinlich schon eine ganz gute Informations- und Datenkompetenz. - Kommunikation und Zusammenarbeit
Nicht erst seit Corona ist klar: digital Zusammenzuarbeiten und miteinander zu Kommunizieren sind essenzielle Fähigkeiten – und das nicht nur im Arbeitskontext, sondern auch, um gesellschaftlich mitzuwirken. Doch wie entwickle ich eine eigene digitale Identität? Wie teile ich meine Inhalte in einem Sozialen Netzwerk? Und was ist mit der Netiquette? All das wird in Kommunikation und Zusammenarbeit beantwortet. - Inhalts- und Medienentwicklung
Einen Tweet schreiben, ein Foto für Instagram bearbeiten oder ein Video für TikTok aufnehmen gehört genauso zu diesem Kompetenzbereich wie das klassische Layouten eines Veranstaltungsflyers. Wer all das mühelos kann, und zudem noch Programmieren, kennt sich in diesem Bereich durchaus gut aus. - Privatsphäre und Mündigkeit
… bedeutet, eigene Geräte, Medieninhalte, persönliche Daten und die Privatsphäre (auch) in der digitalen Welt zu schützen. Außerdem geht es darum, die Auswirkungen digitaler Technologien auf die eigene physische und psychische Gesundheit abzuschätzen. Und was bedeutet es eigentlich für die Umwelt, wenn ich mehrere Stunden auf dieser schönen Webseite verbringe? - Problemfindung und Lösungsentwicklung
Hier geht es um das Erkennen, das Verstehen und den Umgang mit technischen Problemen: Was tun, wenn der Computer mal wieder spinnt? Wo bekomme ich Hilfe, wenn ich ein technisches Problem habe? Und worin besitze ich noch Verbesserungspotenzial bei meinen digitalen Kompetenzen?
Diesen fünf Bereichen werden insgesamt 21 Kompetenzen zugeschrieben, welche die eigentlichen Inhalte der Rahmengebung darstellen.[1] Eine Übersicht der einzelnen Kompetenzen findest Du weiter unten, am Ende dieses Beitrags.
Für jede dieser Kompetenzen werden 8 Autonomiegrade beschrieben, also der Grad, den man imstande ist, eigenständig in dieser Kompetenz zu arbeiten oder auch anderen darin zu helfen. Diese Grade sollen bei der Einschätzung der eigenen Fähigkeiten in Bezug auf die unterschiedlichen Kompetenzen helfen. Für jedes Level in den unterschiedlichen Kompetenzen gibt es Beispiele für die Anwendung im Bereich der Bildung oder im Beruf. Eine Schwäche wird bei diesem Rahmen durch dieses Vorgehen zwingend in Kauf genommen: Kompetenzen besitzen eine unterschiedlich ausgeprägte Grundkomplexität. Wer etwa “ein bisschen programmieren” kann, muss dafür mehr leisten, als z. B. “die eigenen Passwörter sicher speichern” einem abverlangen würde. Dies könnte man durch eine Anpassung der Beispiele an die Grundkomplexität der Kompetenzen in einer kommenden Version des Kompetenzrahmens verbessern.
Der Digitale Kompetenzrahmen für Bürger:innen beinhaltet ungefähr 40 Seiten Texte, Tabellen und Grafiken und ist für alle lesenswert, die ein genaueres Verständnis der Kompetenzbereiche und Autonomiegrade bekommen möchten. Die einzelnen Kompetenzen sind in Tabellenform übersichtlich gestaltet und der Überblick über den Lernprozess erfreut sich ein paar netten Illustrationen, die bestimmt auch an der Wand hübsch aussehen.
Mit dem Projekt Digitale Jugendarbeit sind wir eu-weit die ersten, die DigComp 2.1 speziell auf den Jugendarbeitsbereich übertragen und anpassen. Wir haben ein digitales, aktionsbasiertes Selbsteinschätzungstool erarbeitet und DigComp selbst weiterentwickelt, indem wir den Rahmen, anhand der Empfehlungen der Expert:innenkommission[2] um zwei weitere Kompetenzbereiche ergänzt und diese auch mit Leben gefüllt haben: Digitalität und Gesellschaft und Digitalität und Jugendarbeit heißen unsere neu konzipierten Kompetenzbereiche. Worum es dabei geht, findest du hier heraus.
In den gesamten Kompetenzrahmen kannst du im englischen Original hier eintauchen.
[1] Zum Beispiel ist der Bereich 3: Inhalts- und Medienabwicklung in 3.1 Erstellen von digitalen Inhalten und Formaten, 3.2 Veröffentlichen und Remixen digitaler Inhalte und Formate, 3.3 Umgehen mit Urheberrechten und Lizenzen und 3.4 Verstehen und Entwickeln von Code unterteilt.
[2] Europäische Kommission für Forschung Wissenschaft und Innovation
Autor: Gustav Berneburg
Foto Credits: Foto von Priscilla Du Preez auf unsplash, CC BY-SA 2.0